„Die Klinikschließungen betreffen vor allem die Menschen“
Gute Resonanz auf Info-Veranstaltung der koelnerklinikretter am 5. September im Bürgerzentrum Altenberger Hof – Einblicke in Versorgungslandschaft, Finanzen und Bedarfe vor Ort
„Was wir heute Abend diskutieren, betrifft vor allem die Menschen“, betonte Najib Ramz, Sprecher des Aktionsbündnisses koelnerklinikretter, vor rund 25 Gästen im Seminarraum 2 des Bürgerzentrums Altenberger Hof. „Wir stehen heute vor einer Situation, die nicht nur die medizinische Versorgung unserer Stadt, sondern auch die grundlegenden Werte des solidarischen Gesundheitssystems in Frage stellt.“
Zur Info-Veranstaltung „Städtische Kliniken Köln am Abgrund? – Was das Kliniksterben für uns alle bedeutet“ hatte das Aktionsbündnis für den Erhalt des Krankenhauses Holweide und des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße eingeladen. Ursprünglich war eine Podiumsdiskussion mit Klinikvertretern geplant, die jedoch nach diversen Absagen leider nicht zustande gekommen war. Dennoch wurde es ein hochinteressanter Abend, voller Eindrücke auf die Kliniklandschaft und die Pläne der städtischen Klinikgesellschaft, aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
„Für mich ist Krankenschwester nach wie vor der schönste Beruf der Welt“, verkündete Birgit Onori vom Klinikum Niederberg in Velbert. „Leider stimmen aber die Rahmenbedingungen nicht mehr.“ Schon heute gelinge es nicht mehr, alle Patienten zeitnah in ein eigenes Bett zu bringen – was zur Folge habe, dass einige die Nacht in der Notaufnahme verbingen müssten.
Sie sieht die Pläne einer Zusammenlegung der städtischen Kliniken in Merheim aufgrund eigener vergleichbarer Erfahrungen sehr kritisch. „6 Kilometer mehr an Anfahrtsweg klingen wenig, aber wenn man kein Auto hat, sieht es anders aus“, betonte sie. „Und wenn die Rettungswagen länger unterwegs sind, kann dies bedeuten, dass im Notfall keiner zur Verfügung steht.“
Immerhin sei das Kinderkrankenhaus als einzige Kinderklinik Deutschlands auf der renommierten Krankenhausliste des Magazins „Focus“ gelistet. Rund 12.000 Kinder und Jugendliche würden hier im Jahr teil- oder vollstationär versorgt, weitere 10.000 ambulant. Auch die Geburtsabteilung in Holweide sei exzellent. „Dies wird niemals in Merheim abgebildet werden können“, so Onori.
Ein (mindestens) 600 Millionen Euro teurer Neubau rechne sich – wenn überhaupt – nur, wenn auch alle Patienten mit nach Merheim „umziehen“. Dies sei zu bezweifeln, da sich etliche Leute zu anderen Häusern umorientieren würden. „Doppelstrukturen lassen sich niemals ganz vermeiden, aber sie sichern gleichzeitig eine optimale Versorgung.“ In ihrer eigenen Einrichtung merke sie deutlich, welche Kapazitäts-Engpässe durch Klinikschließungen im Umfeld verursacht würden.
In die finanzielle Dimension der städtischen Klinikpläne tauchte Walter Klüwer, 2. Sprecher des Aktionsbündnisses, ein: Die Zahlen der Klinikgesellschaft, wie es zum Jahresdefizit von 114 Millionen Euro kam, seien völlig intransparent. Was man aber sagen könne: „Die Krise der Kölner Kliniken wird wesentlich durch ausbleibende Investitionen des Staates verursacht“, so Klüwer.
So wurden im 10-Jahres-Zeitraum von 2013 bis einschließlich 2022 61,6 Millionen Euro vom Land NRW in den Kliniken investiert, gegenüber einer Soll-Investitionssumme von 250 Millionen Euro. Hinzu käme der von den städtischen Kliniken selbstfinanzierte Neubau vor einigen Jahren in Merheim. Auch das derzeit noch geltende Fallpauschalen-System für Kliniken – mit einem Festbetrag für eine bestimmte medizinische Leistung, unabhängig vom Aufwand im konkreten Fall – sei für Köln mit seinen Spitzenkliniken und den häufig kompliziert gelagerten Fällen eher ungünstig.
Zudem sei mit der Klinik-Verlegung ein Job-Abbau verbunden. Zwar könne man am neuen Standort Synergien nutzen, dass man sich etwa vorher getrennt vorhandene Gerätschaften oder Funktionsbereiche teilt. „Niemals aber werden sich solche Synergien entwickeln, die den Abbau von 381 Arbeitsplätzen rechtfertigen würden.“
„Das Schlimme am Beschluss 1+0“ – der Ratsentscheid zum „Klinik-Zukunftskonzept“, der die Klinik-Verlegungen enthält – „ist, dass er voll gegen die Bedürfnisse der Menschen geht, gerade gegen die der Kinder“, verkündete Uschi Röhrig. Immerhin sei das Klinikum Holweide als Regelversorger für den ganzen Stadtbezirk Mülheim tätig, der zudem im Schnitt recht sozial schwach sei. „Wer nicht kämpft, hat schon verloren, und dieses Motto gilt für uns“, gab sie sich kämpferisch.
Auf die Situation speziell im hohen Kölner Norden ging Ursula Buetgen, Inhaberin des Senioren- und Familien-Unterstützungsdienst „Kölner Alltagshelden“ im Stadtteil Seeberg, ein. „Wir sind in Chorweiler ohnehin schon abgehängt, vor einiger Zeit haben wir unsere Notfallpraxis verloren.“ Man sei sehr ländlich gelegen. „In die nördlichsten Stadtteile fahren teils noch nicht mal Busse.“
Umso wichtiger sei eine geregelte Notfallbetreuung für Kinder. „Unsere Notfallpraxis für Kinder ist die Amsterdamer Straße, die Kinderklinik. Schließt das Krankenhaus, schließt die Notdienstpraxis. Denn die muss laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) zwingend an ein Krankenhaus angebunden sein.“ Bei der Unterschriftensammlung auf dem Chorweiler Wochenmarkt hätten die Leute entsetzt auf die Pläne reagiert. „Es gab buchstäblich keinen, der nicht unterschrieben hat.“ Man müsse weiter kämpfen. „Es heißt in der öffentlichen Kommunikation immer nur: Es ist beschlossen. Und damit ist es erledigt.“ Das gelte jedoch nicht für das Aktionsbündnis koelnerklinikretter!
Downloads
Presseerklärung zur Info-Veranstaltung am 5. September 2024 [PDF]
Flugblatt zur Info-Veranstaltung am 5. September 2024 [PDF]
Presseerklärung zur Eröffnung des F-Trakts in der Kinderklinik
Über die Eröffnung des neuen F-Traktes im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße mit 64 Betten auf 4436 m² über 4 Etagen mit modernster Ausstattung freuen wir uns, das Aktionsbündnis koelnerklinikretter, sehr. Es ist eine erhebliche und notwendige Verbesserung in der Versorgung der Säuglinge, Neu- und Frühgeborenen in Köln. Umso mehr besteht jetzt die praktische Möglichke,it den Altbau in Abschnitten zu sanieren.
Das Aktionsbündnis koelnerklinikretter sieht in dem großen Erfolg der Petition „Keine Schließung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide!“ mit 60.000 Unterschriften den Beleg, dass die Kölnerinnen und Kölner den Erhalt der Häuser an ihren hervorragenden Standorten für ihre Versorgung brauchen.
Lauterbachs Krankenhausreform gibt Gelder aus dem Transformationsfonds für Zentralisierung, Neubau und Bettenschließungen, nicht aber für Sanierungen. Hier haben der Bund und die Länder seit Jahrzehnten entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung gespart, wobei sich der Bund 1984 seiner Pflicht entledigt hat.
Die Krankenhäuser wurden von der Stadt 1962 und 1972 in hervorragender Lage gebaut und bieten anerkannte, beste medizinische Qualität. Wir setzen uns nach Kräften, auch mit Aktionen und Information der Bevölkerung, für den uneingeschränkten Erhalt der Krankenhäuser und für ihre rasche Renovierung und Sanierung nach jahrelangem Investitionsstau ein. Die drei städtischen Kliniken haben mit ihren jeweiligen Aufgaben ihren eigenständigen Platz in der kommunalen Krankenhausversorgung und sind mit dem Umfeld bestens vernetzt. Dem setzt das Zukunftsmodell (1 + 0)“ mit Zentralisierung in Merheim und Abriss in Holweide und Riehl ein Ende.
Es geht hier um die flächendeckende, vernetzte gesundheitliche Versorgung aller Kölner*innen auch bis in den Kölner Norden und im bevölkerungsreichen Mülheim. Wir fordern den Stadtrat auf, seinen Zentralisierungsbeschluss zurückzunehmen. Für eine ausreichende Finanzierung der Krankenhäuser!
5. Juli 2024
Najib Ramz, 1. Sprecher Aktionsbündnis koelnerklinikretter
Walter Klüwer, 2. Sprecher Aktionsbündnis koelnerklinikretter
TV-Beitrag: Die Kölner Klinikretter bei Sat.1 NRW!
Am Donnerstag, 27. Juni, hatten wir einen Termin mit dem NRW-Regionalstudio von Sat.1 – es ging um die geplante Kölner Klinikfusion! Wir standen der Redakteurin im Beitrag Rede und Antwort. Hier könnt ihr den Beitrag sehen!
Demonstration in Holweide zum Erhalt der Kinderklinik und des Klinikums Holweide
Am 15. Juni 2024 gibt es eine Demonstration zum Erhalt der beiden städtischen Kölner Kliniken!
Beginn ist um 11:30 Uhr an der Wiese am Holweider Markt. Start des Demonstrationszuges ab 12 Uhr; Ende um 13 Uhr vor dem Krankenhaus Holweide.
Für den Erhalt des Krankenhauses Holweide und der Kinderklinik Amsterdamer Straße! Nein zur Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Lauterbach! Für eine kostendeckende Finanzierung der Krankenhäuser!
Veranstaltungstipp: „Schöne neue Kölner Klinikwelt ?!“
– Diskussion der KAB am Montag, 13. Mai wg. Krankheit abgesagt!
Am Montag, 13. Mai, ab 19.30 Uhr, lädt die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Nippes im Rahmen ihrer monatlichen Reihe zu einem Diskussionsabend zum Thema des städtischen „Klinik-Zukunftskonzepts“: In Köln wird ein Gesundheitscampus für eine Mrd. Euro geplant. Ist das der langersehnte Befreiungsschlag für die hochdefizitären Kliniken der Stadt Köln? Dafür sollen die Krankenhäuser in Riehl und Holweide aufgegeben und nach Merheim verlegt werden. Die Referentin, Frau Lena Snelting von der Kölner SPD, kennt beide Seiten: Dafür und Dagegen! Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung jedoch erforderlich. Diese ist formlos möglich per E-Mail an kab.nippes [ÄT] koeln.de.
*** Die Veranstaltung wurde leider wegen Erkrankung der Referentin abgesagt. Sobald / sofern es einen Ersatztermin gibt, geben wir ihn bekannt!
Dienstag, 16. Januar: Aktionsbündnis koelnerklinikretter gestartet!
Am Dienstag, 16. Januar 2024, hat sich das Aktionsbündnis koelnerklinikretter per einstimmigem Beschluss auf der Versammlung im Bürgerzentrum Turmstraße gegründet. Hervorgegangen ist es aus der Gruppe, die im Herbst 2023 das Bürgerbegehren gegen das am 15. Juni 2023 vom Kölner Rat verabschiedete „Zukunftskonzept der Kliniken der Stadt Köln gGmbH“ organisiert und durchgeführt hat. Zwar kam die erforderliche Mindestzahl von 26.616 Unterschriften (= 3 % der Kölner Kommunal-Wahlberechtigten) nicht zustande, aber die gesammelten 12.166 Unterschriften sprechen eine eindeutige Sprache, dass der Beschluss zur Schließung des Kinderkrankenhauses Amsterdamer Straße und des Krankenhauses Holweide in der Bevölkerung auf Widerstand stößt und bisher kaum bekannt war / ist. An unseren Unterschriftständen hörten viele Teilnehmer/-innen nach eigener Aussage zum ersten Mal von diesem Vorhaben! Deshalb sind wir entschlossen, unsere Arbeit auch nach dem nicht erfolgreichen Bürgerbegehren fortzusetzen.